Spätestens seit Harry Potter ist der Reisigbesen zurück in den Gärten der Menschen. Sogar die Mama macht beim Fegen der Terrasse mal einen Scherz, setzt sich auf den Besen und dreht eine imaginäre Runde durch das Gartenreich. An Halloween und im Fasching sind die Besen beleibte Accessoires für die entsprechenden Kostüme. Der normale Besen aus dem Baumarkt hat leider nicht diesen Charme, den ein Reisigbesen auf ganz natürliche Weise mitbringt. Steht dieser Hexenbesen in einer Ecke, verbindet er praktischen Nutzen und eine witzige Deko auf einmal.
Aus welchem Material sind Reisigbesen?
Auf Bambus als Material für einen Reisigbesen kommt man hierzulande wahrscheinlich nicht sofort. Hier nimmt man meist immer noch die Hölzer, die seit Jahrhunderten benutzt wurden: Birken, Buchen, Haselnuss-Stauden: Die Machart war immer die gleiche, die Verwendung stets ähnlich. Naturgemäß nutzt sich natürlich ein Besen aus den dünnen, getrockneten Ästchen beim Fegen automatisch ab, sodass die Besen immer kürzer wurden. Irgendwann konnten sie ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen und landeten im Kreislauf der natürlichen Entsorgung. Das Besenelement verrottete irgendwo, der Stiel kam viele weitere Male zum Einsatz, denn es musste gespart werden, wo es nur ging. Nur, wenn ein Besenstiel abgebrochen war, wurde er erneuert.
Von dieser ganzheitlichen Verwendung natürlicher Materialien ist man heute leider meilenweit entfernt. Wenn jemand einen neuen Besen braucht, geht er in den Baumarkt und kauft sich den, den er will. Oftmals sind aber die Kunden im Gartenmarkt gar nicht bereit, einen Reisigbesen zu kaufen – dieses „alte“ Zeug kann ja nichts taugen. Dieser Meinung gegenüber stehen viele, vor allem ältere Menschen, die von klein auf nichts anderes kannten, als einen Reisigbesen und denen bis heute nichts von dem „modernen Kram“ in den Garten kommen würde.
Die Vorteile vom Reisigbesen
Ein neuer Reisigbesen sieht meist etwas struppig aus, da die Äste in alle möglichen Richtungen abstehen und auch nicht gleich lang sind. Das gibt sich aber nach den ersten Benutzungen, denn die trockenen Reisigspitzen brechen ab und die Form des Besens passt sich an. So kann eine Fläche schnell und effektiv gekehrt werden. Zugegeben, etwas Übung braucht man schon, bevor man diesen Kultbesen auch auf Treppen und in Ecken benutzen kann. Ist dies aber einmal in Fleisch und Blut übergegangen, werden alle anderen Kehrgeräte von nun an im Gartenschuppen bleiben. Alle Versuche, Reisigbesen aus Kunststoffen nachzumachen, waren wenig von Erfolg gekrönt. An das natürliche Material kommt einfach nichts heran, das die gleichen Eigenschaften mit sich bringt.
In einem wirklich aufgeräumten Garten hat alles seinen Platz. Gartengeräte, auch zum Kehren, stehen nicht sichtbar herum. In einer versteckten Ecke oder in einem Schuppen fristen sie ihr Dasein, müssen aber natürlich auch jedes Mal hervorgeholt und wieder weggeräumt werden. So gesehen bringt der dekorative Reisigbesen einen Vorteil, weil er einfach stehen bleiben kann und trotzdem gut aussieht.
Der größte Vorteil ist natürlich die Tatsache, dass bei der Herstellung und bei der Entsorgung keine Naturbelastung vorliegt. Die Reisigäste bleiben bei der Verwertung von Holz übrig. Die Stämme können für Möbelproduktion und so weiter verwendet werden. Aus den dickeren Ästen wird Brennmaterial gemacht, so zum Beispiel als Stückgut, als Hackschnitzel oder Pellets. Die kleinen Reisigäste bleiben ungenutzt, da sie kaum Brennwert haben und – außer für manche Bastelarbeiten – keine Verwendung finden. Die ganzheitliche Nutzung der Bäume ist aber für die Natur durchaus sinnvoll. So machen eben die Äste noch ein zweites Leben als Besen durch, bevor sie der Natur unbehandelt zurückgegeben werden.
Reisigbesen aus Bambus
Reisigbesen aus Bambus sind in Europa noch neu. Das liegt daran, dass die Pflanze bei uns ja lange nicht bekannt war. Die vielfältige Nutzbarkeit der Bambuspflanze ist allerdings in deren Heimat schon Jahrhunderte lang Tradition.
Wer in seinem Garten Bambuspflanzen hat, könnte auf die Idee kommen, sich selbst Reisigbesen anzufertigen – das liegt ja auch sehr nahe, wenn das Material quasi vor der Türe steht. Wie zahlreiche Videos im Internet beweisen, ist es nicht sonderlich schwer, sich selbst einen Bambus Reisigbesen zu binden. Die Tutorials im Netz zeigen Schritt für Schritt, was man alles braucht und wie man vorgehen muss.
Für die Herstellung eines Reisigbesens braucht man natürlich Reisig. Es macht Sinn, verschiedene Reisigsorten zu mischen, um weichere und härtere Äste zu kombinieren. So wird die Kehrfunktion optimal. Von einer Reisigsorte dünnere und dickere Teile zu nehmen, funktioniert aber auch. Einen Besenstiel kann man kaufen – oder den Stiel eines kaputten anderen Gerätes hernehmen. Die zerbrochene Schneeschaufel bietet sich zum Beispiel als Ersatzteilspender an. Weiterhin benötigt man einen Draht, eine Schnur, ein Messer, die Gartenschere und einen Drahtschneider. Als Hilfsmittel wird zusätzlich ein Spanngurt benötigt.
Das Reisig wird auf eine Länge von einem halben Meter, bis zu 60 cm je nach Wunsch zugeschnitten und vorsortiert. Die dickeren Enden in eine Richtung legen und leicht zu Bündeln verbinden ist der nächste Arbeitsschritt. Über das Fertigbinden und Verspannen bis zum fertigen Besen hilft das Bildmaterial aus dem Internet. Um während des Bindens das Abbrechen der Reisigäste zu vermeiden, können sie angefeuchtet werden. Das Trocknen geht schnell und mindert die Qualität vom Besen nicht.
Für all jene, die handwerklich nicht begabt sind oder einfach keine Lust haben, sich die Zeit zu nehmen, einen Besen selbst zu binden, ein kleiner Trost: Die Bambus Reisigbesen gibt es sehr günstig auch im Internet zu kaufen – ohne dafür mehr als den Mauszeiger bedienen zu müssen.
- Denken Sie bei der Entsorgung daran, die Drähte aus dem Reisigbesen zu entfernen, mit einer Drahtschere wird der Besen zerschnitten, der Draht entnommen, der Rest darf auf den Kompost, in die Biotonne oder zur Grüngutannahmestelle.
Übrigens: Reisigbesen gab es schon zur Zeit der alten Römer. Sie sind mit vielen abergläubischen Legenden verbunden. So haben die Hebammen der Römerzeit mit einem Reisigbesen die Schwellen der Türen gekehrt, um die bösen Geister vom Neugeborenen und der Mutter abzuhalten. Diese und mehrere andere Geschichten ranken sich um das Kehrgerät. Sogar in modernen Kindergeschichten ist der Reisigbesen übrigens einer der Hauptdarsteller. Bei der jungen Hexe Bibi Blocksberg heißt der Besen „Kartoffelbrei“ und fliegt „Hex! Hex!“ mit seiner Besitzerin durch dick und dünn.