Nachbarschaftsstreitigkeiten beschäftigen so viele Gerichte, dass sich ein Laie den Aufwand, der hier gemacht werden muss, gar nicht vorstellen kann. Anwälte, Staatsanwälte und Richter haben alle Hände voll zu tun, die streitenden Parteien zu beruhigen und Recht zu sprechen. Die Gerichte sind nicht zuletzt wegen dieser Fälle so sehr überlastet, dass sich die Termine nach hinten schieben und es aus Zeitgründen oftmals lange dauert, bis ein Urteil gesprochen werden kann.
Neben Lärm und Geruch, zum Beispiel vom Grillen, sind oft auch Baumaßnahmen oder Pflanzen in der Nähe einer Grundstücksgrenze der Auslöser für die erhitzten Gemüter. Ein Baum verliert Kirschen oder Nadeln, eine Hecke wächst zu hoch, die Wurzeln einer Pflanze haben sich auf das Nachbargrundstück verirrt. Eine neue Garage, ein Carport oder eben eine neu errichtete Terrasse werden weiterhin zu Steinen des Anstoßes. Gute Freunde und eigentlich nette Nachbarn verkrachen sich so sehr, dass sie kein Wort mehr wechseln, die Türe zuschlagen, wenn die andere Partei sich blicken lässt und auf oft niederträchtige Rache spekulieren.
Leider sind wir in Deutschland weit davon entfernt, dass auf seinem Grundstück jeder machen kann, was er will. Alles ist genau durch Gesetze und Paragrafen geregelt, sodass es eigentlich für niemanden einen Zweifel geben dürfte, was er auf seinem Grün machen kann und was nicht. Auch zum Thema Sichtschutz gibt es klare Regeln, deren Einhaltung eigentlich verpflichtend ist. In einem Dschungel aus Regelungen, die noch dazu von Bundesland zu Bundesland verschieden sind, muss aber selbst ein erfahrener Anwalt erst einmal nachforschen, ob eventuelle Vorwürfe der Nachbarschaft eine rechtliche Grundlage haben oder eben nicht.
Ein Sichtschutz kann aus Kübelpflanzen bestehen, aber auch in Form eines höheren Zaunes erstellt werden. Je mehr bei diesem Schutz vor Blicken auch ein Windschutz gefragt ist, umso stabiler sollte die Konstruktion sein. Mancher baut eine Hecke an, um je nach Wachstumszeit der Pflanzen eine zufriedenstellende Lösung zu erhalten – das wohl zuverlässigste Modell eines Sichtschutzes ist eine höhere Mauer, die eigentlich aus optischen Gründen gar nicht gewünscht war, die aber nur deswegen errichtet wird, dass der Nachbar ja keine Lücke mehr durchspähen kann und sich entsprechend ärgert.
Vorher informieren spart späteren Ärger
Unwissenheit schützt nicht vor Strafe und schon gar nicht, wenn es um die angeblichen Wissenslücken eines verärgerten Nachbarn geht. Um des lieben Friedens willen sollte sich jeder also grundlegend informieren, ob das, was er in seinem Garten an Sichtschutz und Windschutz plant, auch wirklich erlaubt ist. Je näher am Haus die Aktion gestartet wird, umso weniger Mitspracherecht von außen gibt es – es sei denn, es handelt sich um genehmigungspflichtige größere Bauvorhaben. Je näher man an die eigene Grundstücksgrenze kommt, umso mehr muss man abwägen. Eine Hilfe ist hier das BGB mit seinen Paragrafen 903 ff bis 924. Hier dreht sich alles um den „Inhalt des Eigentums“. Da das Befolgen allein dieser Hinweise viel zu einfach wäre, gibt es obendrein eine nach Ländern zusammengefasste Regelung im Nachbarrecht. Dieses Kapitel ist also in jedem Lande etwas anders ausgelegt und geregelt.
Wen wundert es aber, dass es auch hier wieder Ausnahmen gibt: In Hamburg, Bremen und im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern gibt es kein solches Nachbarrecht. Ein Wörtchen mitzureden haben übrigens unter Umständen auch noch lokale Behörden, nämlich das Bauamt. Dieses hat seine Bebauungspläne und bestimmt in gewisser Weise mit, was auf dem Grundstück geschieht. Handelt es sich nicht um eine eigene, sondern eine gemietete Immobilie, muss der Mieter auch noch mietrechtliche Belange berücksichtigen und darf nicht schalten und walten, wie er möchte. Selbst, wenn die Gartennutzung ausdrücklich im Mietvertrag genehmigt ist. Aus dieser kurzen Auflistung ist es schon erkennbar, dass es unter Umständen gar nicht so einfach sein kann, einen Sichtschutz für seine Terrasse zu errichten. Da hilft es auch nichts, alte Urteile aufzurufen – wenn etwas in München erlaubt war, heißt das nicht, dass es auch in Frankfurt oder Düsseldorf genehmigt beziehungsweise vom Nachbarn toleriert werden muss.
„Ortsübliche Einfriedungen“ – betrifft das meinen Sichtschutz?
Mancher Gartenbesitzer, der sich informiert, was er machen kann, stößt schnell auf den Begriff der „ortsüblichen Einfriedungen“. Darunter versteht man alle Begrenzungsalternativen, die in das Ortsbild passen. Von dieser Auflage ist man nur betroffen, wenn die gewünschte Terrassen Umrandung nahe an einer Nachbargrenze oder zur Straße hin angebracht werden soll. In einem Garten, in welchen die Terrasse relativ mittig direkt am Haus vorgesehen ist und auf jeder Seite mehrere Meter Abstand zur Grenze des Grundstücks bleiben, ist man relativ frei in seinen Entscheidungen. Je näher an der Grundstücksgrenze aber eine Sichtschutzmatte oder ein Sichtschutzzaun aufgestellt wird, umso mehr Mitspracherecht bezüglich Höhe und Entfernung von der Grenze hat der Nachbar beziehungsweise die lokale Behörde.
Ein bisschen Zukunftsplanung sollte ebenfalls mit zur Information zählen. Eine Hecke wächst in die Höhe und in die Breite – wie muss sie angelegt werden, wenn sie auch in 20 Jahren noch geltendes Recht erfüllen soll? Jeglicher Baum an einer Grundstücksgrenze kann, muss aber nicht für Zwist unter Nachbarn sorgen. Wer kehrt das Laub weg, das in Nachbars Garten fällt und darf dieser von den Kirschen naschen? Bäume als Sichtschutz nahe beim Nachbarzaun sind eine Gratwanderung zwischen erhoffter Zweckmäßigkeit und Grund zahlreicher Auseinandersetzungen. Da lässt man vor allem bei einer angespannten Grundstimmung dann lieber die Finger weg.
Zurück zu den ortsüblichen Einfriedungen: Hat in der ganzen Siedlung noch niemand eine 2 Meter hohe Gabionenmauer als Sichtschutz, sollte einem das schon zu denken geben. Es könnte geschehen, dass über diese Innovation weder Nachbarn noch Behörden begeistert sind – doch darüber kann man sich ja eben informieren. In der Regel findet man bei der lokalen Gemeinde kompetente Berater, die Auskunft darüber geben können, in welchen Belangen man handlungsfrei ist oder wann der Nachbar um Erlaubnis gebeten beziehungsweise ein Bauantrag gestellt werden muss. Nach diesen Aussagen kann man sich richten, ohne einen Gerichtstermin erwarten zu müssen.
Die lebende Einfriedung
Zäune aus Holz, Mauern, Gabionen und Co. sind sogenannte tote Einfriedungen. Diesen gegenüber stehen alle gepflanzten Sichtschutz- oder Grenzmarkierungsanlagen. Dazu gehört eine Hecke, zählen Pflanzen in Kübeln und so weiter. Hier hat der Gesetzgeber ganz klar definiert, dass der Eigentümer dieser lebendigen Einfriedung für die Pflege und den Zustand dieser Anlage verantwortlich ist. es sei denn, diese Begrenzung wurde von der Behörde als Grundstücksmarkierung angeordnet. Dann sind beide Anrainer dafür verantwortlich, die anfallenden Kosten werden hälftig geteilt. Schwierig wird es, wenn der Eigentümer einer Sichtschutz - Hecke für eine Terrasse auf dem Nachbargrundstück die Hecke schneiden möchte, dort aber aufgrund eines bestehenden Nachbarschaftsstreits Haus- und Grundstücksverbot bekommen hat. Hier kann ein Gericht verschiedene Urteile fällen; am ärgerlichsten ist es wohl, wenn man die Hecke entfernen muss, die Geld und Zeit gekostet hat. Spätestens jetzt lohnt es sich, über einen privaten Rechtsschutz und einen guten Anwalt nachzudenken.